Ob Psalm 122 zum Laetare-Sonntag oder Psalm 130 als Bußpsalm: die alttestamentlichen Psalmen beschreiben mit kraftvoller Sprache das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen. Komponisten nutzen dies für ergreifende Vertonungen.
Zwischen Flehen und großer Zuversicht schwankt der Psalm 130 hin und her. Als Bußpsalm ist er im Laufe der Kirchenmusik oft vertont worden - die großen Gegensätze in dem biblischen Text inspirierten Komponisten zu großartigen Werken.
Johann Sebastian Bach nahm den Psalm als Grundlage für eine gesamte Kantate. Das Werk "Aus der Tiefen" ist eine der ältesten Kantaten, die sich von Bach erhalten haben. Obwohl Bach erst 22 Jahre alt war, zeigt sich schon sein enormes kompositorisches Geschick. Zentraler Gedanke in dem Werk ist das Sündenbewußtsein des Menschen, der auf die Gnade Gottes angewiesen ist um auf Rettung zu hoffen. Bach teilt die Kantate in fünf Abschnitte ein. Auffälligstes Instrument ist die Solo-Oboe, die sowohl das Seufzen des Menschen unter der Sündenlast als auch das Hoffen auf Gott lautmalerisch darstellt.
Geradezu irritierend fröhlich ist hingegen die Vertonung der lateinischer Fassung "De profundis" des Bach-Zeitgenossens Nicola Antonio Porpora. Seine Version für Frauenchor blendet das Flehen fast komplett aus und strahlt eine große Zuversicht aus. Dass die Besetzung nur Frauenstimme vorsieht, ist ungewöhnlich, aber erklärt sich aus der Gegebenheiten in Venedig. Im 18. Jahrhundert waren dort vier Mädcheninternate vor allem für ihre hervorragende musikalische Ausbildung bekannt.
Musik ausschließlich für Frauen
Während Frauen zum Beispiel in dieser Zeit in deutschen Kirchen so gut wie gar nicht singen durften, schrieben so berühmte Komponisten wie Antonio Vivaldi extra Musik für junge Mädchen – das war schon ungewöhnlich. Da die Ausbildung an diesen Schulen so gut war und die Aufführungen ebenfalls, wurden die vier Ospedali - wie sie hießen - sogar zu musikalischen Aushängeschild der Lagunenstadt - neben der Kirchenmusik an der berühmten San Marco-Basilika und der Oper. Doch es lag nicht nur an Vivaldi, dass die Mädcheninternate musikalisch so hervorragend waren. Auch Nicola Antonio Porpora war ein bekannter Gesanglehrer und Opernkomponist, der für diese Einrichtungen arbeitete und Werke schrieb.
Deutlich düsterer fielen einige Jahrzehnte vorher die Vertonungen von Heinrich Schütz und Christoph Bernhard aus - als evangelische Kirchenmusiker am Dresdner Hof verwendeten sie die deutsche Luther-Übersetzung von Psalm 130 und betonten den Aspekte des Flehens und Hoffens auf Erlösung sehr viel eindringlicher.