.Mit einer Würdigung der Seelsorge als Kernaufgabe kirchlichen Handelns hat die Evangelische Kirche im Rheinland am Sonntag ihre diesjährige Landessynode begonnen. Christen müssten füreinander und für "Gottes ganze Schöpfung" Hirtinnen und Hirten sein, sagte der leitende Theologe der zweitgrößten deutschen Landeskirche, Präses Thorsten Latzel, in seiner Predigt. Anschließend nahmen die 199 Abgeordneten des Kirchenparlaments per Videokonferenz ihre fünftägigen Beratungen auf, die das Thema Seelsorge zum Schwerpunkt haben.
Klimaschutz, Umgang mit Flüchtlingen, Missbrauchsprävention
Weitere Themen sind bis Donnerstag unter anderem der Klimaschutz, der Umgang mit Flüchtlingen, Missbrauchsprävention und die Verabschiedung des Haushalts. Wegen der Corona-Pandemie tagt das oberste Organ der rheinischen Kirche wie schon im Vorjahr ausschließlich digital, erstmals geleitet vom neuen Präses Latzel. Auch der Auftaktgottesdienst in der Düsseldorfer Johanneskirche wurde live im Internet übertragen, lediglich die an der Liturgie Beteiligten waren vor Ort.
Latzel betonte in seiner Predigt, für Seelsorge seien nicht nur die Pfarrerinnen und Pfarrer zuständig: "Als Kirche sind wir insgesamt ein Hirtenvolk." Daher seien alle berufen, sich etwa um Einsame, Obdachlose und Flüchtlinge zu kümmern, aber auch um Menschen, die in der Pandemie erschöpft sind oder seltsame Thesen vertreten. Gerade in der Corona-Krise seien viele Menschen auf der Suche nach Kraft oder Sinn und damit letztlich auf der Suche nach Gott, sagte der 51-jährige Theologe, der seit März an der Spitze der rheinischen Landeskirche mit mehr als 2,3 Millionen Mitgliedern steht.
Gleichnis vom verlorenen Schaf sei "Urbild der Seelsorge"
"Wir lassen niemanden zurück. Wir geben niemanden verloren", unterstrich Latzel in seiner Ansprache über das biblische Gleichnis vom verlorenen Schaf, das er als "Urbild der Seelsorge" bezeichnete. In der rheinischen Kirche sind von insgesamt 1.774 Pfarrerinnen und Pfarrern zwischen Niederrhein und Saar 1.123 in der Gemeindeseelsorge tätig. Rund 163 Seelsorgerinnen und Seelsorger arbeiten in speziellen Seelsorgebereichen wie etwa Gesundheitswesen, Polizei oder Gefängnis. In 36 kirchlichen Notfallseelsorgeteams engagieren sich 509 Hauptamtliche und 735 Ehrenamtliche.
Auch für Natur und Umwelt müsse Verantwortung übernommen werden, sagte Latzel. Er beklagte das Aussterben von täglich mehr als hundert Tier- und Pflanzenarten als "Kollateralschäden unserer Lebensweise". Die rheinische Kirche ist massiv von der Flutkatastrophe im Juli betroffen, die sich größtenteils in ihrem Gebiet ereignet hat. Die Landeskirche sieht sich deshalb seelsorglich besonders gefordert und beschäftigt sich auch intensiv mit der Bekämpfung des Klimawandels.
Der Aachener Bischof Helmut Dieser hob in einem Grußwort ebenfalls den großen Seelsorge-Bedarf hervor. "Noch immer sind wir in unseren Kirchen sowohl seelsorglich als auch diakonisch mit den Folgen der Flutkatastrophe im letzten Sommer befasst", sagte er. Auch generell stehe die Seelsorge vor Herausforderungen: "Wie denn findet Seelsorge statt, wenn die Entfernungen größer, wenn Finanzen schmaler und das hauptamtliche personale Angebot knapper werden?", fragte der Aachener Bischof.
Oberstes Beratungs- und Entscheidungsgremium
Wegen der Corona-Pandemie tagen die 199 Abgeordneten des Kirchenparlaments wie schon im Vorjahr ausschließlich per Videokonferenz. Auch der Gottesdienst wurde live im Internet übertragen, lediglich die an der Liturgie Beteiligten waren vor Ort in der Kirche
Die Evangelische Kirche im Rheinland ist mit gut 2,3 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte der 20 Landeskirchen in Deutschland. Die Landessynode ist das oberste Beratungs- und Entscheidungsgremium der rheinischen Kirche. Sie entscheidet über alle wichtigen Belange der gesamten Landeskirche, beschließt Kirchengesetze und verabschiedet den Haushalt. Der mit Spannung erwartete erste Bericht von Präses Latzel an die Synode steht am Mittwoch auf der Tagesordnung.