Ein vierzehnjähriges Mädchen, das in der Glaubensgewissheit erzogen worden ist, dass eine aus ihrem Volk die Mutter des Messias werden wird, hat diese Begegnung mit dem Engel Gabriel, der genau ihr diese unglaubliche Botschaft bringt. Und der Engel gibt ihr, quasi als Ermutigung, Tipp und Trost die Nachricht, dass ihre Verwandte Elisabeth, die ja schon älter und kinderlos ist, jetzt einen Sohn erwartet. Sie sei schon im sechsten Monat, weil bei Gott nichts unmöglich ist.
Einige Wochen gehen ins Land und dann macht sich Maria auf den Weg ins Gebirge, zu ihrer Verwandten. Was will sie dort?
Ihre eigenen Eltern ahnen wahrscheinlich noch nichts von dem Unbeschreiblichen, was sich da anbahnt, ihr Verlobter Josef auch nicht. Braucht sie vielleicht doch noch den Beweis, dass sie das alles nicht geträumt hat, dass stimmt, was der Engel gesagt hat, dass dieses Unglaubliche, das ihr da angekündigt worden ist, wirklich Gottes Wille ist? Oder will sie den Abstand von zuhause, um sich selbst wieder sicher zu werden? Oder will sie einfach ihre Verwandte besuchen und mit ihr eine Frau, die sich mit ihrem Mann ebenso auf ein göttliches Abenteuer eingelassen hat? Vielleicht braucht sie eine mütterliche Schulter, an der sie sich anlehnen und ausweinen kann, wegen all dem Ungeheuerlichen, was ihr da zugetraut wird?
Fragen über Fragen, die wir uns stellen würden. Denn im Augenblick, da sich diese beiden Frauen, die ganz junge, und die schon ältere begegnen, geschieht eine Explosion und eine Revolution: eine Explosion in Freude, Glück und Überraschung, die beide Frauen und ihre Ungeborenen erfasst und jubeln lässt. Und eine Revolution. Denn aus Maria, diesem gesegneten jungen Mädchen, bricht ein Gebet hervor, das bis heute nachhallt. Sie verkündet, dass Gott auf die Niedrigen schaut, die Hochmütigen verjagt, die Mächtigen von ihren Thronen stürzt und kleine Leute erhöht und sich immer seines Volkes erbarmt, weil er es Abraham, Sarah und allen ihren Nachkommen verheißen hat.
Und sie sagt nicht, dass dieser Gott es in Zukunft tun wird, sondern jetzt, heute, immer. Aus dieser Begegnung von Maria und Elisabeth, an die wir uns heute erinnern, geht eine Kraft und Freude aus, weil es allen klarmacht: dieser Gott ist mit uns, heute, immer und in alle Ewigkeiten.